Zum diesjährigen Weltfriedenstag am 21. September 2024 hat Jane Goodall eine besondere Botschaft:
2. September 2024 Bournemouth, UK
«Ich bin UN-Friedensbotschafterin, und es fällt mir nicht leicht, zu überlegen, welche Botschaft ich in diesem Jahr weitergeben soll. Denn im Moment ist die Welt so weit davon entfernt, friedlich zu sein. Doch so viele Millionen Menschen hassen den Krieg und träumen von einem Leben in Frieden. Mütter protestieren, wenn ihre Ehemänner oder Söhne in den Krieg ziehen müssen, und weinen, wenn sie verwundet oder in Leichensäcken zurückkehren. Die jungen Männer, die überleben, sind von den Schrecken des Krieges oft schwer traumatisiert. Und es scheint überall auf der Welt Krieg oder bewaffnete Konflikte zu geben: der Krieg zwischen Russland und der Ukraine, der andauernde Konflikt zwischen Israel und Palästina, der zum andauernden Völkermord in Gaza geführt hat, die Kriege und Konflikte in so vielen afrikanischen Ländern, die Terrorakte religiöser extremistischer Gruppen, die Unterdrückung von Ureinwohnern und Minderheiten, die Schiessereien in Schulen, die zunehmende häusliche Gewalt und Gewalt auf den Straßen und natürlich Rassismus und Diskriminierung.
Und dann sind da noch unsere ständigen Angriffe auf die Natur: Abholzung, Umweltverschmutzung, Bergbau, Fracking und industrielle Landwirtschaft mit ihrem Einsatz von oft giftigen chemischen Pestiziden, Herbiziden und Kunstdünger. Die Böden werden abgetötet, und die Auswirkungen auf die Artenvielfalt sind schrecklich. Wir befinden uns mitten im sechsten grossen Artensterben von Pflanzen und Tieren, das durch menschliche Gewaltakte gegen die Natur verursacht und durch den vom Menschen verursachten Klimawandel noch verschlimmert wird. Wir behandeln Milliarden empfindungsfähiger Tiere mit grosser Grausamkeit in Massentierhaltungen, unnötiger medizinischer Forschung, in der Unterhaltung und als Haustiere. Und dann gibt es noch die grausame Trophäenjagd. Stellen Sie sich einmal vor, wie die Welt aussehen würde, wenn jeder die Goldene Regel beherzigen würde, die in allen grossen Religionen gilt: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu“, und zu diesen ‚anderen‘ sollten auch Tiere und Mutter Natur gehören.
Der diesjährige Weltfriedenstag steht unter dem Motto „Eine Kultur des Friedens kultivieren“, und dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch das humanitäre und Umweltschutz-Programm Roots & Shoots des Jane Goodall Instituts, das inzwischen in 70 Ländern auf der ganzen Welt aktiv ist und Mitglieder vom Kindergarten bis zur Universität hat. Es gibt sogar Gruppen für Erwachsene. In vielen Ländern werden die Mitglieder riesige Friedenstauben fliegen lassen, die aus recycelten Bettlaken und Hühnerdraht oder Pappmaché hergestellt wurden, während sie das Lied von Dana Lyons „Circle the World“ spielen. Sie werden auch Projekte wählen, die den Frieden mit der Natur fördern – Projekte wie die Beseitigung von Müll in Flüssen, Seen und Ozeanen, das Pflanzen von Bäumen oder das Sammeln von Geld für Naturschutzorganisationen. Einige arbeiten mit Organisationen zusammen, die sich für ein Ende des illegalen Wildtierhandels einsetzen. Andere arbeiten ehrenamtlich in Tierheimen für ausgesetzte Hunde und Katzen oder in Auffangstationen für gerettete Tiere aus Massentierhaltung oder dem Wildtierhandel, gehen mit Hunden für kranke oder ältere Menschen spazieren, pflegen ihre Biogärten, versammeln sich in ihrer Nachbarschaft, um Projekte und Geschichten auszutauschen, mit Essen und Trinken aus verschiedenen Kulturen. Wenn wir Mitglieder aus verschiedenen Ländern (meist virtuell) zusammenbringen, erkennen sie, dass wichtiger als Hautfarbe, Sprache, Kultur und Religion die Tatsache ist, dass wir alle Menschen sind – wir alle fühlen seelischen und körperlichen Schmerz, wir alle weinen, lachen und lieben. Wir sind eine Familie. In vielen Ländern arbeiten Muslime und Christen und Mitglieder aus verschiedenen Ländern und Kulturen gemeinsam an Projekten, um die Welt zu einem besseren Ort für alle zu machen.
Wir können, jeder einzelne von uns, unser Bestes tun, um den Menschen, Tieren und der Natur um uns herum Freundlichkeit und Respekt entgegenzubringen. Wir können versuchen, Differenzen in unseren Familien, mit Freunden oder Arbeitskollegen zu schlichten. Wir können neu angekommenen Flüchtlingen die Hand in Freundschaft reichen. Wir können ethische Entscheidungen treffen, wenn es darum geht, was wir kaufen, was wir essen, was wir anziehen – was bedeutet, dass wir uns weigern können, Produkte zu kaufen, die der Umwelt geschadet haben, die tierquälerisch sind oder die aufgrund unfairer Löhne billig sind.
Und lasst uns für ein Ende der Konflikte beten, insbesondere für den Völkermord an den Menschen in Gaza. Und für diejenigen, die ihr Leben riskieren, um den Verwundeten zu helfen, die Hungernden zu ernähren und sich um die Tiere zu kümmern, die unter menschlicher Gewalt, Grausamkeit und Krieg leiden.»
Wir freuen uns sehr, von euren Aktionen zum Weltfriedenstag zu hören. Schickt uns ein Bild an rootsandshoots@janegoodall.ch, um euer Roots & Shoots Zertifikat zu erhalten.